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November 28, 2022Zuletzt aktualisiert am November 28, 2022 by Ishaan
Um im Sommer möglichst knackig braun zu werden, rieben sich früher viele großzügig mit Melkfett oder Kokosnussöl ein, deren Film wie eine Art Lupe wirkte und die UV-Strahlen intensivierte. Oder richteten sogar alubeschichtete, kragenartige Lichtreflektoren auf das Gesicht, um die Kraft des Lichts zu verstärken: Seit den 50er- und 60er-Jahren stand eine tiefe Sonnenbräune für Wohlstand – denn mit ihr konnten nur die aufweisen, die über das nötige Kleingeld verfügten, um für einen Urlaub in den Süden zu fahren.
Und auch seit Reisen erschwinglicher wurde – gebräunte Haut gilt heute noch als Schönheitsideal. Doch bereits früh wussten einige Wissenschaftler von der schädlichen Wirkung der UV-Strahlen: Ein Chemiestudent aus Österreich erfährt sie 1938 bei einer Bergtour am eigenen Leib und entwickelt daraus eine der ersten Sonnencremes. Und ein deutscher Strahlenphysiker begründet 1956 den Begriff „Lichtschutzfaktor“ (LSF). Als es 1985 drei britischen Forschern gelang, mit einer Studie die bis dahin umstrittene Existenz des Ozonlochs über Australien zu beweisen, ahnten viele von uns höchstens, dass wir behutsamer mit unserer Haut in der Sonne umgehen müssten – doch es dauerte noch mehrere Jahrzehnte bis die meisten einen schweren Sonnenbrand nicht mehr nur als schmerzhaft, lästig, aber harmlos abtaten). 2006 erließ die Europäische Kommission die Empfehlung, dass Lichtschutz fortan ein Mindestmaß an UV-AFiltern aufweisen musste und nur noch mit LSF 6, 10, 20, 30 und 50+ ausgelobt werden durfte – um uns Verbrauchernmehr Klarheit zu geben.
Heute greifen zwar immer mehr Menschen zur Sonnencreme, doch die Statistik zeigt, dass vor allem im Alltag noch großer Verbesserungsbedarf besteht: 2017 verwendeten hierzulande nur 18 Millionen Menschen an zehn bis 20 Tagen im Jahr einen Lichtfilter, wobei vor allem viele Frauen sich gewissenhaft eincremen. Das heißt: Gut 78 Prozent der Bevölkerung benutzen keine Sonnencreme, die anderen meist nur im Urlaub.
Brandaktuell: Blaulicht im Fokus der Wissenschaftler Vor einigen Jahren fanden Mitarbeiter des Leibniz-Instituts für Umweltmedizinische Forschung an der Heinrich-Heine- Universität Düsseldorf heraus, dass Infrarot- Licht – ähnlich wie UV-A-Strahlen – die Hautalterung beschleunigt und zu Hautkrebs führen kann: Da es bis heute nicht gelingt, es mithilfe von Filtern abzuwehren, sollten wir bei Sonnencremes auf schützende Antioxidantien wie etwa Traubenkernextrakte achten (z. B. in „Anti-Aging Sonnenschuz Gel LSF 50“ von Ultrasun, 50 ml ca. 28 Euro). Jetzt wurde entdeckt, dass auch sichtbares Blaulicht, das im Sonnenlicht, aber auch aus TV-Bildschirmen, Smartphones oder LED- und Halogenleuchten strahlt, unsere Haut schneller altern lässt: Erste Studien zeigen, dass es die Kollagen- und Elastinbildung der Zellen verlangsamt – und darüber hinaus an der Bildung von Pigmentflecken beteiligt ist. Um uns zu schützen, setzen erste Sonnenprodukte und Tagescremes auf abwehrende Antioxidantien wie etwa Extrakte aus dem Schmetterlingsflieder. Zudem können wir mit speziellen Apps einen Blaulichtfilter auf dem Smartphone aktivieren (z. B. „Twilight“ oder „Night Screen“). Und: Weil der UV-Schutz bei Sonnenbrillen mit der Zeit nachlässt, sollten wir uns alle zwei Jahre eine neue gönnen.
Die Vitamin-D-Diskussion: Nachdem es bislang nur darum ging, die schädlichen Sonnenstrahlen von der Haut fernzuhalten, weisen Experten nun auf eine ganz neue Gefahr hin: Ein möglicher Mangel an Vitamin D, das zu über 80 Prozent durch UV-Bestrahlung der Haut vom Körper selbst gebildet wird. In Australien, wo die Regierung seit den 80er- Jahren große UV-Schutz-Kampagnen durchführt und den Städten z. B. vorschreibt, die Fenster von Bürotürmen mit lichtabweisendem Schutzfilm zu überziehen, weisen jüngsten Untersuchungen zufolge bereits fast 40 Prozent aller Frauen zu niedrige Werte auf. „Auch bei uns leiden vor allem nach dem Winter sehr viele Menschen an einem Vitamin-D-Mangel“, erklärt Dr. Alexandra Ogilvie, Dermatologin und Allergologin aus München. „Zudem zeigen derzeit immer mehr Studien Verbindungen zu gesundheitlichen Problemen – von Gelenkerkrankungen und chronischen Darmentzündungen bis hin zu Schuppenflechte und Depressionen.“
Schwedische Forscher verglichen unlängst sogar die Sterblichkeitsrate von verschleierten Frauen, an deren Haut nur sehr wenig Tageslicht gelangt, mit der von Frauen, deren Kleidung auch mal Arme, Hals oder Beine frei lässt. Ergebnis: In der verschleierten Gruppe lag sie mehr als doppelt so hoch. Dennoch: „Eine zusätzliche Einnahme von Vitamin D sollte nur nach der Bestimmung des Vitamin-D-Spiegels und ärztlicher Rücksprache erfolgen“, rät Dr. Ogilvie. „Denn eine unreflektierte Einnahme kann zu hohe Werte auslösen und damit z. B. zu einem Nierenleiden führen.“
Gleichgewicht halten: Wer weiß, worauf es ankommt, kann seinen Vitamin-D-Spiegel aber auch ohne Nahrungsergänzungsmittel regulieren.
Dr. Ogilvie: „In unseren Breiten genügt es, morgens oder abends 20 Minuten mit unbedecktem Handrücken und Unterarm in die Sonne zu gehen.“ Die Zeitung morgens auf dem Balkon lesen reicht demnach schon.
Darüber hinaus gilt wie bislang, die gefährlichen UV-Strahlen zwischen 11 und 15 Uhr möglichst zu meiden. In der verbleibenden Zeit sonnengerechte Kleidung – am Strand mit eingearbeitetem UV-Schutz (z. B. von IQ) – zu tragen und unbedeckte Hautpartien mit Sonnencreme zu schützen. Es geht also, wie bei so vielen Dingen im Leben, vor allem um die richtige Balance.
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